Zwei Monate waren vergangen seit dem verhängnisvollen Angriff auf die Mitglieder der Domäne. Die Kainskinder der Domäne Dresden kamen, einer Einladung der Hüterin des Elysiums folgend, erneut am Ort des Geschehens zusammen, um sich über Neuigkeiten auszutauschen. Die Stimmung vor Ort war allerdings mehr als gereizt, nur allzu schnell flogen giftige Bemerkungen, Beleidigungen oder hämische Kommentare durch den Raum.

Durch die Abwesenheit des Prinzen und des Seneschalls oblag die Sicherheit allein Frau Segers, die alle Hände voll zu tun hatte, denn auch einige unvertraute Gesichter tauchten auf, die noch kaum jemandem bekannt waren. Vaiküre vom Clan des Tieres, der Toreador Jan Jablonkewitsch und Ludwig Schart, ein Bekannter des Herrn von Carlowitz, desweiteren der Reisende Hans Grauer waren ob der streitbaren Stimmung sehr verwundert, paßten sich allerdings überraschend schnell dem allgemeinen Ton an.

Während Malcolm Campbell einige neue Beweise vorlegte, die ein gezieltes Vorgehen gegen den Clan des Szepters vermuten ließen und auch Juan Cortéz an den Blessuren eines Bombenanschlages vom Vortage litt, waren schnell und leichtfertig Verdächtigungen und Anschuldigungen ausgesprochen, was die ohnehin angespannte Atmosphäre noch mehr anheizte. Auch Tilo Fuchs kam verwundet und verspätet zum Elysium, allerdings ohne zufriedenstellende Erklärung.

Das jedoch kümmerte die Dresdner Kainskinder wenig, war doch noch kein Mitglied des Clans Tremere aufgetaucht, und bald wurde ein erneuter Anschlag vermutet, der vielleicht ebendiese Hexer getroffen haben mochte. Diese jedoch stellten an dem Ort, wo die Angreifer ums Leben kamen, eigene Nachforschungen an und trafen hierbei auf den Geist eines der Toten. Dieser schien jedoch ziemlich verwirrt und beunruhigt, so daß nur vage Informationen zu erreichen waren.

Dann jedoch tauchte eine Frau auf, die den ganzen Abend noch für Gesprächsstoff sorgen sollte. Sie bot ihre Hilfe an und sprach ebenfalls mit dem Geist; es gelang ihr, ihn zu erlösen. Daraufhin wurde sie von Frau Weber eingeladen, sie zu begleiten.

Inzwischen war die Besorgnis der anderen Clans mehr und mehr angewachsen, und so rief Herr von Carlowitz nach Herrn Geßner, der sich allerdings sehr erbost über diese Unterbrechung zeigte. Beinahe wären erneut die Fetzen geflogen, als der Vorfall zur Sprache kam und Clan Tremere endlich doch zum Treffen erschien. Fabiola LeCoeur, eben noch als Gast der Tremere vorgestellt, wurde recht unwirsch kurz darauf von Frau Segers die Tür gewiesen, woraufhin es erneut zu einem Streit zwischen Frau Weber und Frau Segers kam. In der darauffolgenden Diskussion über den Kenntnisstand der Anwesenden, über die Hinweise, die einzelne über die Angreifer gesammelt hatten, lief das Spielchen weiter: Anschuldigungen, Zornesworte und Beleidigungen schossen wie Kugeln durch den Raum, vieles wurde abgestritten und so mancher stand kurz vor einer Raserei.

Da erinnerte man sich der seltsamen Fremden und versuchte nun, mit ihr zu reden. Doch bevor es zu klärenden Worten kommen konnte, fand ein heftiger Streit zwischen Rufus und Frau Segers statt, in dessen Verlauf sie ihn schreiend über den Hof prügelte.

Auf der Straße bemerkten sie, daß der Griff des Zorns langsam schwächer wurde, woraufhin die Versammlung kurzerhand nach draußen verlegt wurde.

Die Domäne versuchte Frau LeCoeur zur Rede zu stellen, verstrickte sich allerdings recht tief in Beleidigungen und Unhöflichkeiten. Letztendlich kam heraus, dass sich an diesem Ort ein schlechter Geist befand, der für die gereizte Stimmung verantwortlich war – und dessen Einfluss wuchs. Frau LeCoeur machte mehr als deutlich, dass sie nicht zu den Kainskindern gehörte, allerdings wurde ihr die entsprechende Frage nie gestellt, nur allerlei Vermutungen geäußert. Sie erklärte sich jedenfalls bereit, trotz all der Unhöflichkeiten, die ihr gegenüber geäußert wurden, zu helfen, aus ihren eigenen Gründen. Sie verschwand plötzlich und tauchte nach einer Weile wieder auf, um ihre vorherige Vermutung zu bestätigen. Sie benötige mehrere ihrer Art, um das Wesen zu bekämpfen, was allerdings einige Zeit dauern würde.

Gegenargumente wie die Frage, ob nicht ein Wechsel der Örtlichkeiten für die Elysien das Problem ohnehin lösen würde, konnten die Entscheidungsträger nicht überzeugen: in einer Beratung der Herren Sternhagen und Carlowitz sowie Frau Weber und Frau Segers einigte man sich darauf, daß es den Versuch wohl wert wäre. Wollte die Hüterin den Abend schon auflösen, so bot sich Fabiola an, den Einfluss des Wesens, zumindest für die heutige Nacht, etwas einzudämmen, sozusagen als Vorschuß. Sie verschwand erneut, und die Anwesenden begaben sich zurück in die Räumlichkeiten. In der Tat fühlten sie sich weniger angriffslustig. Nach einer Weile erschien die seltsame Fremde wieder und sackte entkräftet auf einem der für die Erstgeborenen vorgesehenen Stühle zusammen, ihre Wange gezeichnet von furchtbaren Wunden, scheinbar von Tentakeln verursacht.

Nach einer Verschnaufpause erklärte sie, dass sie den Einfluß des Wesens, zumindest für diese Nacht, bannen konnte. Nach einigem Wortgeplänkel gab sie sich schließlich zu erkennen – sie sei das, was man gemeinhin als „Werwolf“ kenne. Langes, beängstigtes Schweigen machte sich breit.

Rufus zog es vor, den Raum zu verlassen.

Verwunderung darüber, daß sie sich noch immer alle bester Gesundheit erfreuten, machte sich in den Reihen breit. LeCoeurs Antwort auf eine in diese Richtung zielende Frage machte deutlich, daß die Frau offenbar annahm, daß ihre Mitwirkung für die Tötung der aufgebrachten Kainskinder offenbar nicht erforderlich wäre.

Andere, darunter Vaiküre und Frau Segers, konnten ihre Neugier kaum zügeln und löcherten Fabiola mit Fragen. Es war eine merkliche Besserung der Etikette ihr gegenüber zu spüren.

Als jedoch Fritz Sternhagen sie mit „Werte Frau Wolfling...“ ansprach, war das der letzte Tropfen an diesem Abend voller Beleidigungen, der das berühmte Faß zum überlaufen brachte. Urplötzlich verloschen die Lichter in der Umgebung, und Fabiola machte ihrem Zorn Luft. Laut und vernehmlich sagte sie zum letzten Mal ihren Namen, mit dem sie doch bitte auch angesprochen werden wolle. Wenn das nicht so sein sollte, sei dies nur eine kleine Demonstration ihrer Fähigkeiten...

Nachdem sich die erschrockenen Gemüter ein wenig beruhigt hatten und die Gespräche unter normaleren Bedingungen fortgesetzt wurden, klärte Fabiola die Kainskinder noch ein wenig über die Art ihres Vorgehens gegen die Geister auf.

Nach und nach löste sich die Versammlung dann auch auf, und alle waren froh, nach diesem Abend der Aggression mit heiler Haut nach Hause gehen zu können.

Frau Segers traf im Namen der Domäne die Entscheidung, die Hilfe von Fabiola LeCoeur anzunehmen, gegen einen noch zu bestimmenden Preis – auch wenn der Gedanke, eine Gruppe Werwölfe nach Dresden zu rufen, den wenigsten gefiel...