Der April hielt etwas Besonderes für die
Kainskinder der Domäne Dresden parat, jährte sich doch ein weiteres Mal die
Thronbesteigung des Prinzen Franz Frederik von der Wettern und alle wurden in
die Dresdner Heide geladen, denn es galt, ein Ereignis von historische
Bedeutung in die heutige Zeit zu versetzen, zu Übungszwecken und zur
Unterhaltung. Der Konflikt zwischen Trojanern und Griechen war es, der ins Hier
und Jetzt versetzt werden sollte.
Zu diesem Zweck wurde bereits beim
letzten Zusammentreffen von jedem eine Kugel gezogen, so daß es dem Zufall
überlassen wurde, wer in welche Mannschaft kommen sollte.
Johann, der Ghul des Prinzen, erklärte
den Anwesenden am Lagerfeuer des Ortes, an dem diese strategische Übung
stattfinden sollte, die Regeln. So sollte niemand getötet werden, auch
Diablerie war bei Androhung der Blutjagd verboten. Die Trojaner sollten sechs
im Haus verteilte Vasen griechischer Machart beschützen und die Griechen davon
abhalten, ins Haus zu gelangen und sich der Vasen zu bemächtigen.
So fanden sich die Gruppen zusammen:
Katharina Sesemann war, da sie eine der beiden großen Kugeln gezogen hatte, die
Anführerin der Trojaner. Ihr folgten Christian Cless, Valejev Chrustschnick,
Ferdinand van Amersfoort, der ein neu angekommenes Mitglied seiner Familie
namens Gregor Iulian mitbrachte, weiterhin Rufus, Deliah Rodriguez und Helene
Weber.
Die Griechen fanden sich unter dem
Kommando von Karlo Ritter wieder, es waren namentlich Hans Grauer, Lysander
Siebenschuh, Wilhelmine Waldbach, Johann von Schleier, Isabella von
Charlottenberg-Nassau und Thierry Etiénne. Leider waren die Waffen von
Letzterem zur "Reparatur bei Hephaistos", so daß ihm die Nutzung von Waffen an
diesem Abend untersagt war.
Weiterhin verteilte der Ghul des Prinzen
noch weitere besondere Aufgaben an beide Gruppen, die an historische Vorbilder
angelehnt waren und die es zu erfüllen galt. Außerdem verkündete er, daß der
Prinz ein waches Auge auf die Veranstaltung haben werde und daß sowohl im Haus
als auch im weiteren Gelände noch nützliche Dinge verborgen seien.
Anschließend bezogen die Trojaner ihre
Festung und die Griechen zogen sich vor das Tor des Geländes zurück, um einen
Plan zu fassen. Beide Seiten suchten zunächst nach den verborgenen Dingen, es
waren Waffen und Blutbeutel, was beiden Seiten zugute kam.
Während im Haus die Vasen, die von den
Trojanern nicht bewegt werden durften, mit Töpfen oder anderen Dingen verborgen
und versteckt wurden, planten die Griechen ihre weiteren Schritte. Johann von
Schleier, mit der Rolle des Odysseus, hatte den Schlüssel für die Hintertür
gefunden, was allerdings auf Seiten der Trojaner bekannt war, denn schließlich
gab es Kassandra, die Seherin, nur daß sie in diesem Fall durch Valejev
Chrustschnick dargestellt wurde. Demzufolge wurde die hintere Tür
verbarrikadiert.
Die Trojaner harrten der Dinge, die da
kommen mochten, und so boten sie, eng gedrängt im hell erleuchteten Flur, den
von der Rückseite durch das Fenster schießenden Griechen ein leichtes Ziel.
Nach diesem ersten Schlagabtausch wurde auf beiden Seiten geplant, um das
Vorgehen zu optimieren. Viele Ideen seitens der Griechen wurden jedoch von
ihrem Anführer auf später verschoben, als plötzlich Wilhelmine Waldbach in
Richtung des Hauses stürmte, herbeigerufen von Christian Cless, der als Paris die
Aufgabe hatte, jemanden der Griechen zu entführen. Da dieser Ruf seitens der
Griechen nicht gebrochen werden konnte, rammte man Wilhelmine einen Pfahl ins
Herz.
Fortan beschränkten sich die Griechen auf
kurze Aktionen, wie erneutes Schießen durch Fenster, doch hatten mittlerweile
auch die Trojaner dazugelernt, das Licht gelöscht und sich selbst an den
Fenstern postiert. Auch plötzliche Angriffe durch die Eingangstür wurden
entweder abgewehrt oder abgebrochen.
Schließlich schnitten Hans Grauer und
Karlo Ritter an einem der hinteren Fenster das Gitter herunter, sprangen durch
das Fenster, verletzten Helene Weber, schnappten sich eine der Vasen und
verschwanden wieder nach draußen.
Durch das offene Fenster verschwanden
Rufus und Deliah nach draußen, vorgeblich, um zu spionieren, doch hatte Deliah
in der Rolle der Helena auch das Ziel, zurück zu den Griechen zu gelangen.
Beide Seiten überlegten ihr weiteres
Vorgehen, als Gregor Iulian eine Herausforderung in die Nacht brüllte, ob denn
auf Seiten der Griechen niemand sei, der es mit ihm, dem göttergleichen Hektor,
aufzunehmen wage. Die Antwort kam und Ajax tauchte auf – niemand Geringeres als
Hans Grauer. Dem mutigen Neugeborenen des Clans des Mondes schwand ein wenig
der Mut, als er sich, mit einem Messer bewaffnet, dem Gangrel zum Zweikampf
stellte.
Inzwischen gab sich Deliah als Helena zu
erkennen und blieb bei den Griechen, wo sie von Isabella von
Charlottenberg-Nassau und Lysander Siebenschuh befragt wurde. Karlo Ritter
schnappte sich die immer noch gepfählte Wilhelmine und begab sich ebenfalls zum
Duellplatz, da auch Christian Cless dort stand, die Waffe sichernd in der Hand.
Grauer stürmte auf den Malkavianer zu, gleichzeitig näherten sich Ritter und
Waldbach, und der Seneschall verlor die Nerven und eröffnete das Feuer auf die
Näherkommenden. Der Primogen der Gangrel sah sich dadurch in seinem Zweikampf
gestört und stürmte in Richtung des Seneschalls, wurde jedoch von einem
Kugelhagel aus dem Inneren des Hauses niedergestreckt. Die Trojaner zogen sich
wieder in ihre Festung zurück, auch die Griechen leckten ihre Wunden und
begannen, neue Pläne zu schmieden. Hans Grauer zog sich zurück, um zu jagen,
jedoch war ihm Rufus auf der Spur und schaffte es, den Gangrel mit mächtigen
Hieben in Starre zu prügeln.
Erneut sandte Cless einen Ruf aus,
diesmal an die Frau Gräfin gerichtet, doch auch sie wurde von ihren Leuten
kurzerhand gepflöckt.
Es kam immer mal wieder zu kurzen
Feuerstößen aus dem Haus hinaus oder in das Haus hinein, wobei der hell
scheinende Mond und die sternklare Nacht den Angreifern nicht zum Vorteil
gereichten. Jedoch stellte sich Johann von Schleier als exzellenter Schütze
heraus, der die Trojaner mit seinen gut gezielten Salven das Fürchten lehrte. Als
Karlo, Wilhelmine und Lysander erneut hinter dem Haus standen und auf eine gute
Gelegenheit warteten, um hineinzuschießen, ahnten sie nicht, in welcher Gefahr
sie schwebten. Sie sahen nicht die Gestalt, die sich in den Schatten verbarg
und auf das Heftigste mit sich rang: Rufus, teilweise den Tränen nahe,
teilweise von Zorn erfüllt. Als die drei Griechen auf Anweisung ihres Anführers
wieder zurückkrochen, schlug der Nosferatu hinterrücks zu und versetzte
Lysander Siebenschuh heftige Schläge, schleuderte Karlo Ritter davon und
versetzte mit einem dritten Hieb den Tremere in Starre. Während die
verbliebenen Griechen in Deckung zurück zu den anderen krochen, blieb Rufus
bittere, blutige Tränen weinend, zurück.
Karlo, Wilhelmine und Johann von Schleier
begaben sich in den Wald, wo sie von Dienern des Prinzen Vitae erhielten, um
die in Starre Geschlagenen gesunden zu lassen.
Nachdem nun bereits zwei Leute auf Seiten
der Griechen ausgeschieden waren, entschloss man sich zu einem letzten
Sturmangriff, jedoch konnten Cless und van Amersfoort dies mit scheinbar
unzähligen Feuerstößen aufhalten, so daß der Angriff ins Stocken geriet. Ritter
und von Schleier gerieten in eine Auseinandersetzung, Thierry Etiénne konnte
fliehen, Wilhelmine war inzwischen ebenfalls in Starre, die Gräfin immer noch
gepfählt und von Schleier biß den Gangrel, bis dieser sich nicht mehr regte.
Als einziger, der noch auf den Beinen stand, verständigte Thierry den Ghul des
Prinzen, welcher die Übung daraufhin für beendet erklärte. Die Verletzten
wurden mittels mächtigen Blutes aus der Starre geholt und Johann hieß alle,
sich erneut am Lagerfeuer zu versammeln, wo er die beiden Gruppen um eine Einschätzung
des Vorgehens des Gegners und der der eigenen Gruppe bat.
Es fand sich Lob als auch
Entschuldigungen, in vielen Gesichtern zeichnete sich eine Mischung aus
Erschrecken ob der eigenen Taten und Enttäuschung ob der scheinbaren
Ungleichheit der Gruppen. Zudem stellte sich auch heraus, daß Karlo Ritter die
Rolle des Apollo erhalten hatte und somit seine eigene Gruppe verraten mußte,
da Apoll der Schutzgott der Trojaner war – eine wahrhaft eigensinnige Fügung
des Schicksals.
Johann stellte jedoch noch einmal den
Sinn dieser Übung heraus: man kann in einem Kampf nicht immer aus der
überlegenen Position heraus angreifen, und so erfordert es die Strategie, das
Beste aus den gegebenen Mitteln zu machen, damit man dennoch einen Sieg
davontragen kann.
Viele benötigten ein wenig Zeit, um das
Erlebte und die damit verbundenen Erfahrungen und Erkenntnisse zu verarbeiten,
nicht zuletzt galt es, sich um die vielen Kugeln zu kümmern, die in den Körpern
steckten.
Für ihre Bemühungen und Anstrengungen
wurde den Gangrel die Dresdner Heide als eigene Domäne zugesprochen, auch
Johann von Schleier erhielt eine eigene Domäne, über deren genaue Grenzen der
Prinz ihn noch informieren würde.
So endete ein denkwürdiger und
ungewöhnlicher Abend in der Dresdner Heide, der vielen genug Stoff zum Überdenken
mit auf den Heimweg gab.